[...]Die schmale, kleine Frau sitzt in einem Kreuzberger Café. Sie trägt rote Pumps, Kreolen im Ohr und rot lackierte Fingernägel. Man kann sich vorstellen, dass ihre Schüler sie eher als große Schwester sehen. Ihr Name soll geheim bleiben, sie hat Angst, dass sie sonst keine feste Stelle bekommt. Ihr Vertrag als Vertretungslehrerin ist ausgelaufen. Sie sucht einen Job.
Dilek Özals Erfahrungen zeigen, dass Integration auch im Lehrerzimmer nicht automatisch funktioniert. Es ist nicht nur schwierig, Migrantenkinder für den Lehrerberuf zu gewinnen. Man stößt auch schnell auf Grenzen, kulturelle, persönliche, womöglich ein Mix aus beidem.
Sie hat sich überlegt, was sie im Interview sagen will, hat zwei eng beschriebene Seiten vor sich. Manche Ereignisse liegen über ein Jahr zurück. Wie die Sache mit dem Sprachverbot. Sie würde „gegen deutsche Gesetze“ verstoßen, wurde Dilek Özal eines Tages vorgeworfen. Der Gesetzesbruch soll darin bestanden haben, dass sie in der Cafeteria türkisch mit einem türkischen Schüler gesprochen hat.
Özal hat die Rüge gekränkt. Sie fühlt sich diskriminiert. Es gibt außerdem gar kein Gesetz, dass Türkisch in der Cafeteria, auf dem Schulhof oder sonst wo verbietet. Es gibt eine Schulordnung, die eine Deutschpflicht auch in der Pause vorschreibt. Viele Schulen haben inzwischen solch eine Regel.
Dilek Özal argumentiert, man käme an Kinder besser ran, wenn man sie in ihrer Muttersprache anrede. Ein generelles Sprachverbot sei falsch und typisch für eine weiße Sicht. Sie spricht von „weißer Sicht“ und „Migrantensicht“, und als sie das merkt, muss sie darüber lachen, dass sie schon selbst in den Mustern denkt, die sie anderen vorwirft. Sie klingt entmutigt: „Als Einzelkämpferin kann man nichts bewirken.“
Sie hat sich Rat gesucht bei der Antidiskriminierungsstelle des Türkischen Bundes. Dort konnte man ihr nicht direkt helfen. „Es handelt sich bei Frau Özal nicht um eine direkte Diskriminierung“, sagt Eva Maria Andrades. Sie hat einen Brief an Özals Schule geschrieben und fragt sich, ob es auch ein Problem wäre, wenn Frau Özal Englisch mit dem Schüler gesprochen hätte.[...]
Den vollstaendigen Artikel koennt ihr in der Berliner Zeitung lesen.
1 comments:
Wenn sie Englisch gesprochen hätte, wäre es kein Verstoß gegen einen "deutschen Gesetz". Dass Englisch eine Weltsprache sei, was ja auch stimmt, ist an der Stelle kein Argument. Viele Menschen fühlen sich gestört, wenn in Ihrer Gegenwart eine bestimmte Sprache gesprochen wird. Dies könnte verschiedenste Gründe haben. Es geht aber sogar soweit, dass an manchen Arbeitsplätzen das Sprechen bestimmter Sprachen, wie z. B. die türkische, nicht erwünscht ist, da die anderen Mitarbeiten sie nicht verstünden, obwohl es in dem Fall um die Bedienung eines Kunden geht und damit um das Geschäft. Da die Türken sich zu integrieren haben, kann man es nicht tolerieren, dass sie ihre eigene Sprache sprechen. Sie haben gefälligst Deutsch zu sprechen. Wenn aber ein englischsprachiger Kunde zu bedienen ist, soll man auf Englisch sprechen. Naja, Englisch versteht ja jeder, tztztz ... Schön wär's!
Ah ja, in dem von mir erwähnten Beispiel geht es um Einzelhandelsunternehmen in der Möbelbranche. Zum Glück muss ich nicht in so einem Umfeld arbeiten.
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