Tuesday, 6 July 2010

Deutsche National-Elf bietet nicht genug Arbeitsplaetze

Kinderlose Akademiker, auswandernde Eliten, bildungsferne Zuwanderer. Seit dem «Pisa-Schock» im Jahr 2000 sucht Deutschland nach den Ursachen fürs sinkende Bildungsniveau. Schubweise verbreitet wird eine Botschaft, die in populistischer Verkürzung besagt: Deutschland hat zu wenig Nachwuchs, es verliert den guten, und jene Kräfte, die kommen, sind allzu oft die falschen. Als Ergaenzung zu meinem frueheren Artikel Die Deutschen muessten eigentlich angeben mit uns, kann ich euch den Artikel Deutsche immer Duemmer? im NZZ empfehlen:
[...]Allein, es zeigte sich, dass – von Ausnahmen abgesehen – gerade nicht die wissenschaftliche oder technische Elite nach Deutschland einwandert. Vielmehr besteht die Mehrzahl aus Migranten, die überhaupt erst ausgebildet werden müssen und die so das Bildungsproblem ihrer Heimat nach Deutschland importieren. Vor wenigen Tagen nun wurden die Ergebnisse eines Tests publik, der Neuntklässler nach Massgabe der neuen, bundesweit einheitlichen Bildungsstandards geprüft hatte – und der die unterdurchschnittlichen Leistungen von Migrantenkindern bestätigte. Prompt rief der Sprecher der Berliner CDU nach Intelligenztests für Einwanderer, und die «FAZ» druckte einen Beitrag des Bremer Soziologen Gunnar Heinsohn, der zum wiederholten Male die deutsche Politik attackierte und eine Auslese der Immigranten gemäss ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten verlangte.
Kinderlose Akademiker, auswandernde Eliten, bildungsferne Zuwanderer – die deutsche Diskussion verbreitet in Schüben eine Botschaft, die in populistischer Verkürzung besagt: Deutschland hat zu wenig Nachwuchs, es verliert den guten, und jene Kräfte, die kommen, sind allzu oft die falschen. «Unsere Bildungspopulation wird von Generation zu Generation dümmer», behauptete Berlins ehemaliger Finanzsenator Thilo Sarrazin vergangenen Herbst in einem Skandal machenden Interview (NZZ 13. 10. 09); und er liess keinen Zweifel, dass er vor allem die Mentalität türkischer und arabischer Zuwanderer für sinkende Leistungswerte verantwortlich machte. Solche Auslassungen bewegen sich auf vermintem Gelände. Niemand möchte für minder intelligent gelten oder als «Niedrigleister» (Heinsohn) etikettiert werden, weder als Individuum noch als Angehöriger einer Nation oder Kultur. Wenn aber die Statistik belegt, dass sich tatsächlich bestimmte Ethnien im Durchschnitt leichter integrieren und ihre Kinder bessere Schulnoten aufweisen als andere – wie spricht man darüber, ohne zu kränken? Der rabiate Sarrazin und sein akademisches Pendant Heinsohn haben bisher nur demonstriert, wie es nicht geht.[...]
[...]Jenseits dessen aber ist das Reich der geistigen Gaben gross. Es kennt viele Formen der Intelligenz, hermeneutische zum Beispiel, auch emotionale, praktische und organisatorische Intelligenz. Nicht zu vergessen die fussballerische, die sich zurzeit trefflich studieren lässt. Als Mesut Özil, Jungstar türkischer Abstammung im deutschen Fussballteam, die Nationalelf ins WM-Achtelfinale schoss, pries ihn die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung als Vorbild für Migranten. Realistischerweise wäre freilich anzumerken, dass Spielwitz und Ballgefühl nur eine eingeschränkte Garantie für schulisches oder berufliches Fortkommen bieten. Um Migrationsprobleme zu lösen, offeriert die deutsche Nationalmannschaft nicht hinreichend viele Arbeitsplätze.

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