Monday 5 July 2010

Die Deutschen muessten eigentlich angeben mit uns

Der folgende, sehr lesenswerte Artikel von Daniel Steinvorth handelt von tuerkischen Migranten, die aus diversen Gruenden wieder in das Land ihrer Vaeter ausgewandert sind. 

Viele koennen die Sprache nicht, die Kultur kennen sie, wenn ueberhaupt, nur aus dem Urlaub und sie fuehlen sich in der Tuerkei teilweise genauso unwillkommen wie in Deutschland. Jedoch plant jeder dritte deutsch-tuerkische Student seine Karriere mittlerweile in der Tuerkei und nicht in Deutschland. Es spricht schon Baende ueber die deutsche Integrationspolitik, dass Menschen die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, hier studiert haben und das Land ihrer Eltern nur sehr vage kennen, trotzdem das Risiko auf sich nehmen, wieder dorthin auszuwandern. 

Neben wirtschaftlichen Anreizen sind es Gruende wie z.B., dass man die Schuld fuer die misslungenge Integration nur bei ihnen sucht und sie sich in Deutschland eher geduldet fuehlen, als dazugehoerig.  Sie selber sind gut integriert, aber werden trotzdem bei der Job- und Wohnungssuche diskriminiert. Man erwartet von ihnen, dass sie sich staendig als 'gute Tuerken' beweisen muessen. Oft muessen sie sich fuer etwas rechtfertigen, was Andere gemacht haben, und man verlangt von ihnen, dass sie sich davon distanzieren (Taleban in Afghanistan, U-Bahnschlaeger in Muenchen etc. etc.). Man hat diese leidigen Integrationsdebatten satt und moechte endlich das Gefuehl haben, dass man ein Teil der Gesellschaft ist, und kein Fremdkoerper. Sie fuehlen sich in Deutschland heimatlos.

Inzwischen wandern mehr Menschen aus Deutschland aus, als einwandern. Auch mehr und mehr Ur-Deutsche entscheiden sich, ihre Zukunft in einem anderen Land aufzubauen. Deutschland ist der Verlierer, denn ohne Einwanderung werden in Zukunft grosse Probleme entstehen. Ohne qualifizierte Arbeitnehmer steht Deutschland im internationalen Wettbewerb schlechter da. Dadurch dass die Bevoelkerungsentwicklung zurueckgeht, werden die Sozialkassen immer leerer und leerer, denn es gibt immer weniger juengere, arbeitende Menschen, die in die Sozialkassen einzahlen. Leider wird das Thema Einwanderung immer noch sehr polemisch und unvernuenftig von der deutschen Politik angegangen. Siehe dazu auch meinen Artikel Intelligenztest fuer Einwanderer.

Bitte lest den vollstaendigen Artikel im Spiegel. Hier sind einige Auszuege :
Mehr Türken gehen inzwischen aus Deutschland in die Türkei als umgekehrt. Im Boomland am Bosporus bekommen sie dank ihrer deutschen Ausbildung oft bessere Gehälter und attraktivere Stellen, begegnen aber auch vielen Vorurteilen.
[...]Oft sind es Geschichten gut ausgebildeter, gut integrierter Deutsch-Türken. Die große Mehrheit der Auswanderer sind junge Akademiker, die Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen den Rücken kehren. Etwa 40.000 Türken und türkischstämmige Deutsche gingen im vergangenen Jahr zurück in das Land ihrer Väter, das sind 10.000 mehr als umgekehrt in die Bundesrepublik kamen. Der Trend der Zuwanderung hat sich damit eindeutig gewendet.[...]
[...]Sahin sagt, sie sei in Deutschland nie wegen ihres Namens oder ihrer Herkunft diskriminiert worden, aber vieles sei dort kleingeistiger und weniger dynamisch als im Boomland Türkei. "Noch haben nicht alle begriffen, welches Potential von den gut ausgebildeten Deutsch-Türken ausgeht. Wer zwischen zwei Welten wandert, kommt besser mit der Globalisierung zurecht. Die Deutschen müssten eigentlich angeben mit uns."[...]
[...]Die Elite der Auswanderer hat sich organisiert, sie trifft sich regelmäßig zu einem "Rückkehrerstammtisch". Auf der Dachterrasse des "Teras6", einer angesagten Bar in Istanbuls Szeneviertel Beyoglu, sitzen sie zusammen: 50 Männer und Frauen, in Sakkos und Business-Kostümen, sie trinken Bier in Krügen und türkischen Tee in bauchigen kleinen Gläsern.
Sie wollen vor allem Kontakte knüpfen, ein Netzwerk aufbauen. Manchmal klagen sie gemeinsam über Begegnungen mit der ungewohnten Kultur, über den Alltag mit der schwerfälligen türkischen Bürokratie. "Viele von uns sind eigentlich keine Rückkehrer, sie kommen zum ersten Mal in die Türkei. Und zwar nicht als Türken, sie kommen als Deutsche", sagt Sahin. Mit deutschen Ideen, deutschen Werten, deutschen Gewohnheiten.[...]
[...]Viele dieser Heimkehrer stoßen noch dazu auf Vorurteile bei den Einheimischen. Denn den "Almancilar", den "Deutschländern", eilt ein fragwürdiger Ruf voraus. Sie gelten wahlweise als frömmelnde Hinterwäldler oder neureiche Proleten.[...]
[...]Mitunter ist es auch der deutsche Staat, der die Almancilar im Stich lässt. Sükriye Dönmez kam 1969 mit ihren türkischen Eltern als Baby nach Berlin-Kreuzberg und lebte 40 Jahre lang dort. Die Deutsch-Türkin wurde Schauspielerin, später Regisseurin. Für ihre Rolle als Oberschwester Ayfer in der Fernsehserie "Klinikum Berlin Mitte" wurde sie als "hübscheste Krankenschwester Berlins" bejubelt, in Fatih Akins Erstling "Sensin - Du bist es!" bekam sie die Hauptrolle, auch bei seinem ersten Spielfilm "Kurz und schmerzlos" über eine türkisch-griechisch-serbische Gang in Hamburg spielte sie mit.
Einen deutschen Pass besaß sie nicht, weil sie in der Türkei geboren war. Reine Formsache, dachte sie, als sie im März 1999 den Einbürgerungsantrag stellte. Sie hatte in Deutschland Steuern gezahlt, deutsche Filme gedreht und bis auf wenige Monate nach ihrer Geburt nie woanders gelebt.
Fünf Jahre wartete sie, dann kam der Entscheid. Ihr unregelmäßiges Einkommen sei das Problem, hieß es in der Ablehnung. Wenn sie einen deutschen Pass wolle, brauche sie eine Festanstellung. Gehen Sie doch irgendwo putzen, sagte ihr die Frau vom Einwohnermeldeamt. "Das habe ich dankend abgelehnt", sagt Sükriye Dönmez, "und bin stattdessen in die Türkei gefahren."[...]

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