Friday, 11 June 2010

Die vitalen Interessen der NATO Partner

[...] Zum Fürchten ist an dieser Farce der neue Wettlauf von Teheran und Ankara um die Volksmeinung in den islamischen Ländern. Erdogans Regierung hat gegen die Sanktionen gestimmt, genau wie Brasilien. Man bedenke: Der Libanon hingegen, in dem die (iranhörige) Hisbollah mitregiert, hat sich immerhin der Stimme enthalten. Die Türkei aber stimmt gegen die vitalen Interessen ihrer Nato-Partner. [...]
Das behauptet Joerg Lau in dem Artikel Noch ein Schiff für Gaza? Teheran und Ankara, die neue Achse? in seinem Blog bei Die Zeit. Herr Lau, der normalerweise eine ausgeglichene und besonnene Stimme in der paranoiden Medienwelt ist, argumentiert inzwischen auf der gleichen Linie, wie es seine Kollegen vom Springer-Verlag (Die Welt) tun.

Was war passiert? Die Tuerkei und Brasilien hatten es gewagt, im eigenen Interesse zu handeln und im UN-Sicherheitsrat gegen die Iran-Sanktionen zu stimmen. Was Herr Lau Laendern wie den USA, Grossbritannien und Frankreich zubilligt, naemlich in ihrem eigenem Interesse zu handeln, empoert ihn, wenn es andere Laender auch tun.

Die Ablehnung der Iran-Sanktionen durch die Tuerkei und Brasilien war eine logische Konsequenz. Die beiden Regierungen hatten zuvor in langen Gespraechen mit dem Segen der Amerikaner mit Iran einen Kompromiss zum Austausch von Uran fuer einen Forschungsreaktor ausgehandelt, in der Hoffnung, Strafmassnahmen verhindern zu koennen. Es ist verstaendlich, dass sich die Tuerkei und Brasilien dadurch hintergangen gefuehlt haben, dass die NATO-Partner USA und Grossbritannien dennoch auf die Verhaengung von Sanktionen bestanden.

Zu beruecksichtigen ist ebenfalls, dass der Iran ein Nachbaarstaat der Tuerkei ist, und wie auch im Fall des Irak-Krieges erhebliche Nachteile durch die Isolierung Iran's hat. Warum erwaehnt Herr Lau nicht, dass die USA und Grossbritannien gegen die vitalen Interessen ihres Nato-Partners Tuerkei gehandelt haben, und versucht die Haltung der Tuerkei mit den ueblichen islamischen Argumenten zu erklaeren? Warum soll die Tuerkei sich fuer die Interessen Frankreich's einsetzen, wenn Herr Sarzkozy sich gegen die Interessen der Tuerkei stellt (Herr Sarkozy ist an der Spitze der Beitrittsgegner der Tuerkei in die Europaeische Union, und hat auch keine Hemmungen davor, damit Wahlkampf zu machen)?

Zum Schluss seines Artikels holt Herr Lau den magischen EU-Knueppel heraus. Es darf in keiner Argumentation bezueglich der Tuerkei fehlen:
[...]Natürlich wird jetzt offiziell gesagt werden, es gebe keine Beziehung dieser Handlungsweise zum EU-Beitrittsprozess. Aber der Moment, in dem die EU in einer der wichtigsten Fragen außenpolitisch mehr mit China und Russland gemein hat als mit dem türkischen Aspiranten auf Mitgliedschaft, ist ein entscheidender auch für das Erweiterungsprojekt.
Mag sein, es ist am 9. Juni 2010 gestorben.

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