Friday 4 June 2010

Wieviel Schuld hat die Tuerkei?

Erdogan's Verhalten bedeutet ein Schlag ins Gesicht fuer die Westeuropaer und die Amerikaner. Zudem hat die 'schleichende' Islamisierung der Tuerkei auch zu dem Debakel in internationalen Gewaessern beigetragen. So in etwa hoert es sich an, wenn man das angeblich intellektuelle Flagschiff der Springer-Presse Die Welt liest:
[...]Die Türkei, mit der es der Westen heute zu tun hat, ist nicht mehr dieselbe wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Die religiöse Rückwärtsorientierung, welche die gesamte islamische Welt seit dreißig Jahren – Rückkehr des Ayatollah – umtreibt, ergreift auch die Türkei, ist parteibildend und politikbestimmend. Die EU aber kann nicht so tun, als sei nichts geschehen.[...]
Die EU, vorneweg Deutschland und Frankreich, koennen weiterhin versuchen, die Tuerkei mit der Mitgliedschaft zweiter Klasse, auch 'priviligierte Partnerschaft' genannt, zu koedern. Oder man koennte zur Strafe die Tuerkei auf die 'unpriviligierte Partnerschaft' herunterstufen. Aber der Autor will wahrscheinlich auf etwas anderes hinaus: Die Verhandlungen zur Vollmitgliedschaft ganz abbrechen. Aber wie man spaeter sieht mag er es allerdings auch nicht, wenn die Tuerkei sich dann ihren Nachbarstaaten annaehrt. Die Tuerkei soll der Handlanger des 'Westens' bleiben. Wie zu Zeiten des Kalten Krieges.
[...]Was immer über begrenzte militärische Klugheit in Jerusalem zu sagen ist – die türkische Regierung muss sich Verantwortung zurechnen lassen für das, was geschah. Sie musste wissen, dass die Israelis in Gaza und um Gaza herum nicht scherzen, dass die Seeblockade ernst gemeint ist und dass es zu einer bewaffneten Konfrontation kommen konnte[...]
Was will der Autor damit sagen? Weil die Israeli's es gewohnt sind auf der Weltbuehne zu machen was sie wollen, sollten alle Laender und Menschenrechtsgruppen zuschauen und nichts gegen die Ungerechtigkeiten unternehmen, um den Bewohnern des Freiluftgefaengnisses Gaza bessere Lebensbedingungen zu ermoeglichen?
[...]Die Türken wissen auch, dass Kriege von niedriger Intensität, wie der in Gaza, heute weniger auf dem Terrain entschieden werden und sehr viel mehr auf den Fernsehschirmen der Welt. [...] Niemand soll sagen, die Regierung Erdogan sei hineingestolpert in ein Abenteuer. Sie wusste, was sie tat.[...]
Mag sein, dass die Tuerkei wusste was sie tat, was allerdings zu beweisen waere. Aber wer haette erwartet, dass Israel so weit gehen wuerde, eine Flotte von Aktivisten auf offener See anzugreifen, die zudem auch noch unter der Flagge eines Verbuendeten segelte? Israel haette sich ueber die Konsequenzen eines solchen fatalen Fehlers spaetestens seit dem Zwischenfall zwischen Erdogan und Peres in Davos, und der Erniedrigung ihres Botschafters durch den stellvertredenden israelischen Aussenminister vor einigen Monaten bewusst sein muessen, dass die Tuerkei sich nicht alles gefallen lassen wuerde.
[...]Doch die Politiker in Ankara verfügen offenbar nicht über das geeignete Sensorium für die Stimmungen im Westen. Dafür aber haben sie allwissende, unzimperliche Sicherheitsdienste, denen wenig im Lande und speziell in den Häfen entgeht.[...]
Mit grosser Arroganz behauptet der Autor, dass die Tuerken sich der Stimmung des Westens nicht bewusst sind. Die Frage stellt sich, warum die Politiker in Ankara sich nach der Stimmung im Westen richten sollten? Warum nicht umgekehrt? Ist es nicht der 'Westen', der die Sicherheitsratsbeschluesse gegen Israel ignoriert und nichts unternimmt, waehrend Israel in den besetzten Gebieten ihre Siedlungen ausweitet? Ist es nicht eher so, dass die Politiker in Washington, Paris, Berlin und London offenbar nicht über das geeignete Sensorium für die Stimmungen in der restlichen Welt verfuegen? Unter vorgehaltener Hand ist man sogar teilweise froh, dass die Tuerkei Israel direkt konfrontiert, weil viele europaeische Laender sich nicht oeffentlich kritisch gegenueber Israel aeussern koennen. 
[...]Es war Schlag ins Gesicht der Westeuropäer und Amerikaner, die zur Zeit, mühselig genug, Verhandlungen Israels mit den Palästinensern in Gang halten.[...]
Es war ein Schlag ins Gesicht der Tuerkei, als Israel den Libanon-Feldzug startete, waehrend die Tuerkei als Vermittler im Nahen Osten agierte. Die Westeuropaer und die Amerikaner haetten den Nahostkonflikt vor sehr langer Zeit beenden koennen, wenn sie eine gerechtere Politik gegenueber den Palaestinensern gemacht haetten. Selbst heute ist von einer Gleichbehandlung beider Parteien nichts zu spueren. Eigentlich braeuchte man nur die Einhaltung der bestehenden UNO-Sicherheitsresolutionen durchzusetzen, um z.B die illegale Besatzung des Westjordanlandes zu beenden.
[...]Der Islamisierung der Machtverhältnisse entspricht die Wendung der Außenpolitik, seitdem die Türkei aus der Flankenstellung des Westlichen Bündnisses zur Drehscheibe des Mittleren Ostens wurde. Dazu gehört auch die Unterstützung des Iran - „mein Freund Ahmadinedschad“ ist O-Ton Erdogan.[...]
Der Tuerkei wird eine priviligierte Partnerschaft angeboten, die es lt. EU-Vertrag eigentlich nicht gibt. Durch diese kreative Mogelpackung soll die Tuerkei nicht als vollwertiges Mitglied mit am Tisch sitzen, aber man will weiterhin wirtschaftlich von ihr profitieren. Auch spielt die Energieversogung aus dem Kaukasus eine grosse Rolle. Der Autor dieses Artikels und einige europaeische Laender haetten es gerne, die Tuerkei weiter hinzuhalten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die Stimmung in der Tuerkei fuer den EU-Beitritt verschlechtert hat, und dass sie nun auch Kooperationen mit anderen Staaten sucht. Der Iran z.B. ist ein Nachbarland der Tuerkei. Dass man freundliche Beziehungen pflegen moechte, halte ich grundsaetzlich fuer normal.

Der Artikel von Michael Stuermer ist des Springer-Blattes wuerdig. Es ist heuchlerisch und arrogant. Es spricht schon Baende, dass er mit keinem Wort die Toten und Verletzten dieses Konfliktes erwaehnt, aber die Flotte, die Hilfslieferungen nach Gaza bringen wollte und sich fuer die Aufhebung der Blockade einsetzt, verunglimpft:
[...]Sie müssen mithin von der seltsamen Kombination von Hamas-Aktivisten, Djihadisten, Friedensboten, Schwärmern und Brandstiftern gewusst haben. Dass sie die Aktion nicht stoppten, sondern stattdessen ein Schiff unter türkischer Flagge die Führung übernehmen ließ, war nicht nur unfreundlicher Akt.[...]

2 comments:

Anonymous said...

keine islamisierung der türkei?

* 1894-1896 wurden bei antiarmenischen Pogromen 50.000 bis 80.000 armenische Christen ermordet. Die Opfer waren armenisch-apostolische Männer.[2]

* 1909 wurden bei pan-islamischen, antiarmenischen Pogromen in Adana und der Provinz Kilikien 30.000 armenische Christen ermordet.[3] Bis 1910 forderten die anschließenden Epidemien und eine Hungersnot unter den schlecht versorgten Überlebenden der Massaker weitere 20.000 Opfer.[4]

* Während des Zweiten Balkankrieges 1913 wurden Thrakische Bulgaren und die Bulgaren aus den anatolischen Gebieten vertrieben. Schätzungen der Vertriebenenorganisationen und der bulgarisch-orthodoxen Kirche belaufen sich auf zwischen 60.000 und 400.000 Flüchtlinge

* 1915-1917 wurden nach unterschiedlichen Schätzungen 300.000 bis 1.500.000 armenische Christen im Osmanischen Reich ermordet. Hunderttausende wurden nach Mesopotamien und Arabien deportiert [5], zahlreiche starben bei den Deportationen, einige flohen in den russischen Teil Armeniens, weniger als 100.000 lebten nach 1922 im Land.[6] Ebenso waren ab 1915 die osmanischen Assyrer von einem Völkermord betroffen.[7]

Handelsflagge der orthodoxen Christen im Osmanischen Reich

* 1922-1923 wurden ca. 1.250.000 griechisch-orthodoxe Christen im Zuge der griechischen Niederlage im griechisch-türkischen Krieg und gemäß dem anschließend vereinbarten Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei nach Griechenland vertrieben.[8] Ausgenommen waren lediglich die griechisch-orthodoxen Gemeinden in Istanbul und auf den Inseln Bozcaada und Gökçeada. Beim Bevölkerungsaustausch wurden auch 500.000 muslimische Türken aus Griechenland in den neuen türkischen Nationalstaat vertrieben. Zehntausende Christen wurden nach der Eroberung der griechischen Gebiete oder bei den Vertreibungen ermordet.[9]

* 1955 verließen nach dem vor allem gegen Griechen gerichteten Pogrom von Istanbul Tausende griechisch-orthodoxe Einwohner die Stadt.[10] Von 110.000 Griechen im Jahr 1923[11] waren zehn Jahre nach dem Pogrom nur noch 48.000 geblieben.[12]

Dybth said...

Hast gut im Geschichtsunterricht aufgepasst. Du hast die 2fache Belagerung von Wien vergessen

Kurze Frage: Wann wurde die Tuerkei gegruendet?

Und die Tuerkei war mit der Flotilla unterwegs um Israel zu islamisieren, oder was wolltest Du mit deinem Message sagen?