Saturday, 1 May 2010

Die uneinigen Belgier sind sich einig

Die Zeit hat sich heute mit dem Burka-Verbot in Belgien auseinandergesetz. Hier sind einige Auszuege:
Die belgische Regierung konnte sich in der Vergangenheit auf nichts einigen. Nun hat sie noch einmal Konsens demonstriert: beim Burkaverbot. [...]

Belgien ist ein kleines Land in Europa, das gerade mal wieder keine Regierung hat. Es wird erwartet, dass das Parlament nächste Woche aufgelöst wird und Neuwahlen anstehen. Aber vorher sind die Abgeordneten noch einmal zusammen getreten, um ein Gesetz zu verabschieden, welches offensichtlich von großer Dringlichkeit ist. Worum geht es? Belgien hat als erstes europäisches Land ein weitreichendes Burka-Verbot erlassen. [...]

Die von den Liberalen eingebrachte Gesetzesvorlage hat es in dieser verfahrenen politischen Situation, in der man sich noch nicht einmal über den Zuschnitt eines Wahlbezirks einigen kann, vermocht, die überwältigende Mehrheit der Parlamentarier hinter sich zu vereinen.

Schätzungen gehen davon aus, dass es in Belgien ein paar Dutzend Burka-Trägerinnen gibt, umgerechnet auf die Gesamtheit aller Muslime in Belgien sind das 0,01 Prozent. Worin liegt also die Dringlichkeit begründet?

Die Entscheidung des belgischen Parlamentes ist eine im höchsten Maße symbolische Handlung, die in erster Linie nach "innen" wirken soll. Der Mehrheitsgesellschaft wird signalisiert, dass man etwas gegen "den Islam" unternimmt, dass man dessen angeblich aggressiven Ausbreitungslogik etwas entgegenzusetzen hat.[...]

Man tut, als gehe es nicht um den Islam, sondern um eine ganz und gar unideologische Verwaltungsmaßnahme wie das Anbringen von Straßenschildern, und doch wird gleichzeitig der allzeit präsente Zusammenhang von Islam und Terrorismus hergestellt.

Was bedeutet so ein Gesetz in der Praxis? Es kann nur zwei Gruppen von Burka-Trägerinnen geben: Solche, die sich freiwillig verhüllen und solche, die dies unter Zwang tun. Erstere Gruppe wird durch die Entscheidung kriminalisiert, und die zweite Gruppe von Frauen wird noch mehr in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.[...]

Diesem Gesetz geht es gar nicht darum, Frauen zu helfen, sich aus patriarchalischer oder religiöser Bevormundung zu befreien. Belgien, das um die Einheitsfrage ringt, vergewissert sich mit einer solchen Abstimmung lediglich seiner eigenen Konsensfähigkeit. Offensichtlich ist das Feindbild Islam dafür bestens geeignet.

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