Monday 17 May 2010

Hatice Akyün ueber die Islamkonferenz und mehr

Hatice Akyün im Interview mit dem Deutschlandfunk:
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Müller: Woran machen Sie das denn fest, Frau Akyün, dass die meisten Muslime in Deutschland liberal eingestellt sind?
Akyün: Schauen Sie sich doch mal um! Es schließt sich doch nicht aus. Ich kann doch ein Kopftuch tragen und trotzdem ein liberal denkender Mensch sein. Es ist immer ein Trugschluss zu glauben, wenn jemand seine Religion lebt, oder wenn er seine Religion auch zeigt, dass der automatisch irgendwie in eine dunkle Ecke geschoben wird.
Müller: Gehört Gleichberechtigung dazu?
Akyün: Aber selbstverständlich! Sie meinen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau?
Müller: Ja!
Akyün: Da brauchen wir doch gar nicht drüber zu diskutieren. Das ist doch selbstverständlich. Dass es Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in vielen Familien nicht gibt in Deutschland, in muslimischen Familien, ist doch kein Religionsproblem, sondern das ist in erster Linie ein soziales Problem, oder auch ein dummes Problem, oder von Menschen, die einfach nicht begriffen haben, dass das ein Teil auch der Religion ist. Ich bin muslimisch erzogen worden in einer sehr muslimischen Familie. Ich war in der Koran-Schule, ich habe meine Suren gelernt. Mein Vater ist viermal nach Mekka gepilgert, und trotzdem sind wir sehr liberal erzogen worden. Wir sind zur Schule gegangen und es war auch sehr, sehr wichtig, dass wir zur Schule gehen, dass wir auch Bildung genießen. Ich finde das immer wahnsinnig anstrengend, wenn ich unterwegs bin und Leute sagen, du bist doch Muslime, warum trägst du denn kein Kopftuch. Das ist doch meine freie Entscheidung.
Schauen Sie sich meine Familie an. Meine Familie ist die klassische Gastarbeiterfamilie aus einem anatolischen Dorf, die Familie, die eigentlich integriert werden sollte, wo man auf den ersten Blick sagen würde, nein, die wollen sich bestimmt nicht integrieren. Wir sind sechs Kinder. Wir sind alle so unterschiedlich und interpretieren den Islam in dieser kleinen türkischen Familie schon so unterschiedlich. Wie wollen Sie denn die ganze Muslime unter einen Hut bringen? Darum geht es doch eigentlich. Den Islam gibt es nicht. Es gibt doch auch nicht das Christentum. Jeder hat doch seine eigene Art, seinen Islam, seine Religion zu leben und wie er glaubt. Allein schon diese Diskussion mit der neuen Ministerin, als sie geschworen hat "so wahr mir Gott helfe", diese Diskussion, ja welchen Gott meint sie denn jetzt, das ist nur in Deutschland möglich, solche Diskussionen. Ich war erst mal entsetzt darüber, dann habe ich gelacht darüber. Das ist doch ihre eigene Entscheidung, an welchen Gott sie glaubt. Warum muss man die Herkunft immer verbinden mit der Religionszugehörigkeit? Ich kann doch meinen Glauben so leben wie ich möchte, und so bin ich erzogen worden von meinen Eltern zu sagen, der Glaube gehört dir, das ist deine private Sache, und wie du sie auslebst, wie du deinen Glauben ausleben möchtest, das ist deine Sache. Meine Schwester trägt Kopftuch.
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Das gesamte Interview kann man sich hier anhoeren

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