Professor Dr. Wolfganz Benz, Leiter des Zentrums fuer Antisemitismusforschung an der TU Berlin, nahm Stellung zu den Folgen der Islamophobie und Ausgrenzung von Minderheiten. Hier sind einige Kernaussagen:
Ueber Islamophobie und Antisemitismus
"Es wird unterstellt, wer Verständnis für Muslime zeige, entziehe Israel Zuwendung. Wer sich dafür einsetzt, dass der muslimische Nachbar nicht diffamiert wird, der muss nach dieser Logik ein Feind Israels und ein Anhänger von Irans Präsident Ahmadinedschad sein. Das sind manichäische Bilder, in denen die Welt entweder gut oder böse ist. Dabei habe ich den islamistischen Antisemitismus, wie ihn Ahmadinedschad oder der frühere Premierminister von Malaysia, Mahathir, vertreten, immer eindeutig verurteilt. Das zeigt aber, wie wenig es in der Debatte um Argumente geht."
"[...]Die strukturellen Gemeinsamkeiten der Stigmatisierung der jeweiligen Minderheit sind größer. Zum Stereotyp gehört zum Beispiel der Vorwurf der Selbstsegregation, das heißt die Minderheit wolle sich ja angeblich nicht assimilieren, nicht integrieren, sie wolle auf Kosten der Mehrheit Vorteile genießen.
Es handelt sich um Überfremdungs- und Verschwörungstheorien wie die Vorstellung, Minderheiten wollten unser Land in Besitz nehmen oder eben heute: islamisieren. Im 19. Jahrhundert waren es die Juden, jetzt ist es die angebliche islamische Gefahr, die das Abendland bedroht. Man schreibt der jeweiligen Minderheit die Eigenschaft des Fremdseins zu, die ihr nicht genommen werden darf. Das sind gemeinsame Merkmale, an die das Vorurteil andocken kann."
"Damit will ich Juden und Muslime nicht gleich reden. Aber die Mechanismen von Ausgrenzung und Diskriminierung sind sich nicht nur ähnlich, sie haben auch den gleichen Grund: Die Mehrheitsgesellschaft braucht fremde Minderheiten, denen man Schuld zuschreiben kann und an die sie Bedrohungsängste, Überfremdungs- und Überwältigungsfantasien delegiert. Das stärkt den Zusammenhalt der Mehrheitsgesellschaft und verhilft ihr zu übersichtlichen Erklärungen und Definitionen, wie es in der Welt zugeht."
Ueber die oeffentliche Debatte ueber Islam und Muslime
"Erfreulicherweise geben jetzt einige große seriöse Blätter wie die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung der Vernunft eine Stimme. Das ist ein Lichtblick aber kein Durchbruch. Diese Debatte ist noch lange nicht ausgestanden. Sie bietet einfach zu viel Reizstoff. Ich fürchte, bei der nächsten großen Verfehlung mit einem Muslim als Täter, zum Beispiel einem so genannten Ehrenmord, werden wir wieder einen Rückschlag erleben."
Ueber den Unterschied zu berechtigter Kritik und Islamophobie
"Islamfeindschaft, die sich selbst Islamkritik nennt und von manchen als Islamophobie bezeichnet wird, ist immer dann im Spiel, wenn keine Argumente mehr stattfinden, sondern nur noch gehasst wird. Was sich in manchen Blogs abspielt, hat nichts mehr mit Argumenten zu tun sondern mit Diskriminierung. Negative Eigenschaften werden Muslimen ein für alle Mal zugewiesen, das ist Ausgrenzung, keine Debatte."
Das gesamte Interview findet ihr auf Qantara.
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