Saturday 24 April 2010

Der Tuerke schlaegt zurueck

Der Frankfurter Kabarettist Sinasi Dikmen (Foto links) schimpft über faselnde Politiker, die Ost-Türken und die Kommerzialisierung der Ausländerfeindlichkeit: 

Seit siebzehn, achtzehn Jahren nehme ich die Integrationsdiskussionen nicht ernst. Die Kaspers, wie die alle auch heißen mögen, ob Beckstein, Schäuble, Kelek, sie liefern eine Bauernkomödie auf der Bühne ab: gelernte Texte, schlecht ausgesprochen, ohne Inhalt, laute Phrasen, Wiederholungen, Diktierungen , Schuldzuweisungen, ihre persönlichen Probleme mit den Türken. Integration ist kein türkisches Problem mehr. Das ist deutsches Problem. 
[...]
Am 11. September haben die Deutschen mit Erstaunen festgestellt, dass plötzlich 3 Millionen Türken in Deutschland Moslem geworden sind. Vorher waren diese Menschen nur Türken. Die plötzliche Konvertierung dieser Unterschätzten, Hilflosen, Arbeitslosen, Mittellosen zum Islam hat Ihnen das Genick gebrochen. 3 Millionen potentielle Islamisten, die Schläfer also, werden per Fernbedienung aufgeweckt, um die deutsch- christliche Gesellschaft in die Luft zu jagen. Von FAZ bis SÜDDEUTSCHE waren alle der Meinung, die Türken sind Krebs in der deutschen Brust. Nach der Krawallen der Banlieue Kinder in Paris diagnostizierten deutscheSoziologen- Journalisten Aufstandslust bei den türkischen Jugendlichen. Diese Art von Verdächtigungsjournalismus macht mich wahnsinnig.
Da erschien im intellektuellen Himmel von Deutschland, eine Frau namens Kelek, eine Soziologin- Historikerin, Religionswissenschaftlerin, Journalistin, Schriftstellerin, Alleskönnerin, Alles Besserwisserin, ein weiblicher Karl May, nirgends selber gewesen, aber alles erlebt, gesehen und gehört, und schürte die Angst der Deutschen vor den Türken, polemisierte gegen die türkische Erziehung mit ihren klischeevollen Büchern, Bücher, die mit ihren Titeln schon alles sagen: die verkauften Bräute, die verlorenen Söhne ... die Saulusinich weiss, ich weiss, so einen Namen gibt es in der christlichen Geschichte nicht, aber der Name passt schon zu dieser Frau, die Saulusin wird Paulus-in. Halleluja! Ave Kelekum. Oder war das Selamalekum... Gut, zu ihren Gunsten muss man sagen, dass die Deutschen schon bereit waren, an die Front zu ziehen, aber dass das Kommando von einer türkischen Frau kam, bekräftigte den Kampfgeist der Deutschen. Eine einzige Frau, die angeblich nur die Wahrheit sagt, hat den Kampf gegen 60 Wissenschaftleri/nnen, die ihr unterstellt haben, unwissenschaftlich zu arbeiten, in der deutschen Journaille gewonnen. Weil sie das gesprochen hat, was die Deutschen aus dem Munde einer Türkin hören wollten, und sie nehmen ihr alles widerspruchslos ab, genauso wie die Deutschen fest an Winnetou glauben, den edlen Kämpfer, der am Ende seines Lebens das Licht erblickte und Christ geworden ist. 60 Wissenschaftler/innen waren dagegen nur Pseudowissenschaftler/innen, die keine Ahnung hatten, wovon sie redeten und schrieben, nur sie, Winnetou, Cassandra, römische Göttin der Wahrheit, Veritas in einer Person, weissagte den Untergang dieses unseres Landes Deutschland. Aus und fertig mit der Multikulturellen Gesellschaft, schrie sie, schrieb sie, sprach sie. „Stoppt die Islamisierung unserer Gesellschaft,“ schrie sie. „Wehret den Anfängen“ sprach sie, „Das Minarett ist ein Herrschaftssymbol,“ schrieb sie.
Hut ab vor der Dame. Ich nenne dieses Phänomen KELEKISIERUNG der türkischen Gesellschaft. Das ist eine Wortschöpfung von mir, d.h. solange einen Menschen beschuldigen, bis er diese Schuld annimmt. Und das alles macht sie unter dem Motto: „Ich habe viel für die Integration getan.“ Das stimmt, ihre Leistung für meine Integration in Deutschland ist nur zu vergleichen mit der Leistung von Marinerichter Filbinger, und Strauss zusammen.
Wir hatten in diesem Lande, das mich auffordert, mich gefälligst schnell zu integrieren, alles erlebt, was die Ausländerfeindlichkeit anbelangt: die Politisierung der Ausländerfeindlichkeit, die Brutalisierung der Ausländerfeindlichkeit, aber dass wir auch die Commerzialisierung der Ausländerfeindlichkeit erleben könnten, verdanken wir dieser Dame. Sonst kann ich mir ihre grundlosen Argumente nicht verstehen, warum sie einzelne Fälle seziert und uns als Ganze unterjubelt.
Dass die Türken von der deutschen Gesellschaft nicht akzeptiert worden sind, schiebt die Dame in die Schuhe der Türken. Meine These , dass die Türken nicht angenommen worden sind, wird sogar von der Betätigung der Bundestagsabgeordneten mit türkischer Abstammung bestätigt: Sie sind ausschließlich für Minderheiten zuständig, die Finanzen des Landes, in dessen Hohem Haus sie sitzen, geht sie nichts an, der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan interessiert sie nicht, die Weltwirtschaftskrise geht an ihren türkischen-deutschen Ärschen vorbei.
Als Cem Özdemir zum Bundestagsabgeordneter gewählt worden ist, konnte er nicht gut türkisch, hatte keine Ahnung von der Türkei. Danach ist er innerhalb von 2 Monaten Türkeiexperte des Bundestages geworden. Das zeigt entweder: Der Bundestag hatte keinen Experten für die Türkei, oder jeder hätte Türkeiexperte des Bundestages werden können und dürfen.
Als XY Ungelöst einen türkischen Mordverdächtigen gezeigt hatte, wollte meine deutsche Nachbarin am nächsten Tag von mir wissen, ob ich den Mörder kenne. Meine Antwort: Frau Mayer, er wohnt in Hamburg, wir sind doch in Ulm, beruhigte sie überhaupt nicht. „Er heißt Ahmet und er ist Türke, Herr Dickman.“ Sie weigerte sich meinen Namen richtig auszusprechen.
Nicht einmal zwei Wochen später zeigte XY Gott sei Dank, einen deutschen Mörder, der genauso weit weg wohnte, in Krefeld oder so. Da fragte ich sie, ob sie ihn kennt. „Er heißt Manfred“ Frau Mayer. Es gäbe so viele Manfreds in Deutschland, woher solle sie ihn kennen. Meine Antwort: Es gibt auch so viele Ahmets in Deutschland. Sie erwiderte trotzig: Der war aber Türke.
[...]
Hier ist das gesamte Programm. Die ganze Rede ist 15 Seiten lang, aber sehr lesenswert.

1 comments:

Selçuk said...

Lesenswert ist es auf jeden Fall, danke für den Link. ;-)

„All diese angeblichen türkischen Kinder sind Kinder dieses Landes. Wenn ein von diesen Kindern erfolgreich in Deutschland geworden ist, verdankt es diesem Land, nicht der Türkei, wenn aber ein von diesen Kindern krimineller geworden ist, muss dieses Land bereit sein, die Verantwortung dieses Kindes zu übernehmen.“, schreibt er auf der Seite 12. Dass viele dies nicht wahrhaben wollen, ist schon sehr traurig.